Stottern, die wichtigste Nebensache der Welt, ist immer dabei. Aber mein Leben gestalte ich unabhängig davon. Meistens gelingt das. Mit 40 Jahren habe ich zum Ergotherapeuten umgeschult, einem Sprechberuf, und war bis zur Rente in eigener Praxis tätig. Die eigene Beeinträchtigung hat mir in meinem Beruf geholfen authentisch und erfolgreich zu wirken. Wahrnehmung ist halt mein Thema, das auch in meinen Seminaren mitklingt. Eine Erzählausbildung hat mich nicht nur sprechtechnisch weitergebracht. Ich bin noch selbstbewusster, präsenter und spontaner beim Sprechen. Und Märchenerzählen bringt Spaß. Neue, andere Wege gehen, ist spannend und dafür mache ich mich auch in der Selbsthilfe stark.

Im Alter von 7 Jahren bekam ich eine vereiterte Hirnhautentzünung (Meningitis) und auf Grund dieser ungewöhnlich sehr schweren Infektion und der notwenigen mehrfachen Operationen am Kopf dauerte meine Behandlung im Krankenhaus gute 5 Monate. Offensichtlich ist dabei mein Sprachzentrum in Mitleidenschaft gezogen worden und nach dem Krankenhausaufenthalt war es die große Ausnahme, wenn ich einmal ein Wort fließend sprechen konnte. Trotzdem schaffte ich die Grundschule und auch die 2-jährige Handelsschule jeweils mit einem Abschluß mit der Note "gut". Sogar eine Lehrstelle als Industriekaufmann fand ich danach. Hier hatte ich das Glück dass mein Lehrherr (so nannte man es damals) sehr viel Verständnis für mein Stottern hatte und auch dafür sorgte, dass ich ab 1965 für ein Jahr in das Sprachheilheim der AWO in Braunschweig-Querum kam und dort wieder, wenn auch mit dem einen oder anderen Haken, das Sprechen "lernte". Dieses Jahr verlängerte meine Lehrzeit entsprechend und die Prüfung machte ich mit "sehr gut". Meinem damaligen Lehrherrn verdanke ich, dass ich mein Stottern nie so richtig als Belastung empfunden habe. Den Worten meines Lehrherrn nach war Stottern mein Markenzeichen. Später, nachdem ich noch in einige andere Berufsrichtungen geschnuppert hatte, machte ich mich 1973 selbständig mit der Verwertung und Vermarktung von Carbidkalk und meine Kunden waren ausschließlich und bundesweit Kläranlagen. Auch während dieser langen Jahre blieb Stottern mein Markenzeichen. Leider erfuhr ich erst vor gut 5 Jahren von der BVSS, wurde aber dann sofort Mitglied und dieser Schritt war eine meiner besten Entscheidungen im Leben. Heute bin ich im Ruhestand und trotz meines Alters von 77 Jahren muß ich immer wieder feststellen, dass ich einfach nie so richtig erwachsen geworden bin. Sehr, wirklich sehr hat es mich gefreut, dass es mir gelang, in Mecklenburg-Vorpommern die Basis für eine Selbsthilfegruppe zu schaffen und unsere monatlichen Treffen sind eine pure Freude.

Seit meinem 5. Lebensjahr stottere ich und bin 70 Jahre alt. Bin seit 1977 verheiratet und habe 2 Kinder. Im Jahr 2008 bin ich im Zuge eines Besuches eines Selbsthilfetages Mitglied der Bundesvereinigung Stottern & Selbsthilfe geworden, ab 2009 habe ich die Funktion des SHG - Beauftragten des Landesverbands inne. Im Jahre 2012 wurde ich in den Vorstand gewählt und ein Jahr später wurde mir die Funktion als Kassenwart übertragen. 2021 wurde ich von der Mitgliedschaft zum Vorsitzenden gewählt. Auf Info- und Messestände bin ich sehr aktiv und freue mich, mich für Euch zu engagieren. Ich bedanke mich für Euer Vertrauen.

Ich heisse Martina Pansegrau, bin 63 Jahre und wohne in Hamburg. Ich habe eine Tochter, bin geschieden. Seit einigen Jahren bin ich Lotsin des LV Nord und kümmere mich gerne um die Belange der neuen Mitglieder. Schon seit 1993 bin ich Mitglied im LV Nord und mal mehr, mal weniger aktiv gewesen.
In diesem Sinne Alles Liebe
Eure Martina Pansegrau